Freitag, 2. Dezember 2016

Rezension: Die Tudors: Eine schrecklich tödliche Familie

So, ich habe mir jetzt das Buch "Die Tudors: Eine schrecklich tödliche Familie" vom Stefanie Norden, die manchen von euch von Nordkomplott bekannt sein könnte, zu Gemüte geführt.

Nun vor ab: 
1) Ich werde gleich von Fakten und Informationen sprechen, die ich auf derzeitige (mir bekannte) Quellenlagen beziehe. Da ich nicht ständig das dazu schreiben möchte, weise ich jetzt explizit darauf hin!

2) Zudem möchte ich betonen, dass ich mit der Kritik nicht sage, dass ich es besser mache oder Ähnliches, aber da viele Menschen (nicht die Autorin!) auf negative Bewertungen mit "Mach es doch selber (besser)!" reagieren und ich solche Platitüden von vorn herein vermeiden will. Mal abgesehen davon, dass das ja auch nicht der Sinn einer Rezension ist.

3) Ich habe das Buch nicht zu Ende gelesen, da es mir so gar nicht gefallen hat.

4) Mir fiel die schlechte Bewertung sehr schwer, da ich die Autorin und den Blog mag, aber ich kann dieses Buch einfach nicht weiterempfehlen.


Aber nun zum eigentlichen Thema: Das Buch!


Was verspricht es uns:
Das es nicht zu kompliziert ist.
Dieser Punkt wird erfüllt, wobei ich mir gewünscht hätte, dass der Begriff der Rosenkriege zumindest mit einen Satz erklärt wird.

Das es die Charakter hinter den Personen zeigt.
Das muss ich leider verneinen. 
Die Autorin beschreibt ständig, wie sich die Personen gefühlt haben - etwas das wir schlichtweg nicht wissen können. Ich habe nichts dagegen, wenn sie schreibt "Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich so und so gefühlt hat", aber nicht, als seien es Tatsachen. Zumal die historische Eingebundenheit eines Menschen dabei nicht berücksichtigt wird. 
Ferner wird (und da ich die Teile zu Catalina de Aragon und Anne gelese habe) eigentlich nur die stereotypischen Charakterzüge der Personen reproduziert und sie bleiben eindimensional; Henry VIII. als blutrünstiger Tyrann, Catalina als geduldige Verstoßene und Anne als bitch par exellance. Keines der Individuum war nur das - wenn überhaupt. Das wird u.a. klar, wenn man bedenkt, was Catalina entschied, als sie sich gegen eine freiwillige Lösung der Ehe ausprach: Ihre Ehe sowie Mary wären legitim geblieben!

Das es kuriose und blutige, nicht in den Geschichtsbüchern zu findene Details enthält.
Leider nein. 
Die mir bis dato untergekommenen Details habe ich auch schon in anderen Büchern entdeckt. Und das auch nicht sehr versteckt.

Das es kein Fachbuch ist.
Daran hält sie sich. Sie ergießt sich nicht in Fachgeplänkel, dass Tudor-Einsteiger vermutlich abschrecken würde und es unnötig verkompliziert.

Das es nicht langweilig ist.
Etwas höchst Subjektives. Selbst für einen Laien könnten die zahlreichen Wortwiederholungen ermüdend sein.



Und nun zum Eingemachten:
Hierbei unterscheide ich von "Ist Geschmackssache" und  "Fehlern". 

Zum ersten Punkt:
Die Wortwiederholungen - Das bezieht sich auf Worte wie Doch, etc. sowie die Namen einzelner Personen. 
Beispielsweise steht in einen Absatz von fünf Zeilen zwei Mal Margaret Beaufort. Was mal nicht schlimm wäre, aber bei der Anhäufung dieser Wiederholungen ist es schon grenzwertig.

Informationswiederholungen - Wenn ich im Laufe von 20 Minuten zwei, drei Mal lese, dass Henry VIII. der zweitgeborene Sohn seines Vaters war, empfinde ich das als arg lästig. 
Aber wie kam das? Weil Das Buch im Grunde genommen nur die Blogeinträge umfasst; Daher wohl auch die m.M. nach nicht immer geglückten Überleitungen.

Und das führt mich zum nächsten Aspekt: Das Buch ist ein Buch zum Blog - also es sind die Beiträge in Buchform. Das ist an und für sich kein Problem, aber ich persönlich finde, dass das erwähnt werden sollte.

Und nun zu den Fehlern:
Hier trenne ich zwischen "nur zum Teil falsch" bzw. "falsch, weil der Autorin Informationen fehlen" und zu "falsch".

Die Fehler der ersten Kategorie speisen sich häufig auf fehlende Informationen, die nicht so einfach rechachierbar sind. 
Ein Beispiel: Bei Henry VIII. wird davon gesprochen, dass für ihn eine kirchlichliche Laufbahn vorgesehen wurde. Da sind HistorikerInnen sich uneinig, aber fest steht, dass keine Quellen bekannt sind, die das belegen. 
Ein weiteres Beispiel ist das Fernbleiben Henrys bei der Taufe von Elizabeth. Was oft nicht bekannt ist: Eltern waren damals nicht bei der Taufe ihrer Kinder anwesend. So kann man seine Abstinenz nicht als irgendein Zeichen dafür deuten, dass es zwischen ihm und Anne bereits gekriselt hat. Damit will ich nicht sagen, dass dem nicht so gewesen sein kann, sondern dass das nicht als Argument oder Beleg dafür gültig ist.


Schlicht weg falsche Informationen finden sich leider auch. 
Zum Beispiel wird geschrieben, dass sowohl Anne als auch ihre Schwester am Hofe von Margaret von Österreich lebten. Das ist einfach falsch. Und das ist eine Information, auf die man bei der Recherche zu Anne ziemlich schnell stößt. 
Oder das jener Hofmusiker, der laut dem Buch unter Folter gegen Anne ausgesagt hatte, ist so ein Fall; Es liegt zwar nahe, dass er gefoltert wurde, aber letztendlich weiß man es überhaupt nicht.


Zu Anne Boleyn
Bezüglich Anne kräuselte es mich ehrlich gesagt non-stop. Warum? 

Zum einen, weil die Autorin, wie leider viele Menschen - u.a. auch HistorikerInnen - dem Mythos der bösen, egoistischen Anne aufgesessen ist. Das ist zum Teil Chapuys´ später Rache, denn wie Eric Ives aber auch Susan Borden erkannten, beziehen sich viele vergangene und heutige AutorInnen auf Chapuys als Quelle. Das er als bekennder Gegner Annes nicht gerade als neutrale Quelle bezeichnet werden kann, ist nur die Spitze des Problems (Dazu wollte ich bei Gelegenheit noch einen Blogeintrag verfassen). 

Leider strotzt der Anne-Teil vor Halbwahrheiten, Trugschlüsse und Fehlern. 
Zum Beispiel war Anne bei Leibe kein "Stern am Hof", aber auch dieser Irrtum ist weitverbreitet. Anne war weder eine Aussenseiterin, noch ein Star. 

Aber ebenso die "Information", Anne hätte Henry einen Sohn versprochen... Es gibt keine Hinweise dazu. Ebenso die Darstellung Annes als böse Schwiegermutter; Dass Anne sich zunächst um Marys Gunst bemüht hatte, habe ich bereits in einen Blogeintrag hinreichend erläutert.

Ich könnte das noch weiter aufdröseln und analysieren, aber ich belasse es dabei mit dem Hinweis, dass ich Nachfragen gerne nachgehe.




Sonstige Fehlerchen
Manchmal sind kleine Formatierungsfehlerchen vorhanden wie ein Absatz, der nicht mehr im Blocksatz formatiert wurde und statt dessen mittig ausgerichtet wurde. Da das Buch im Selbstverlag entstand erschienen ist, habe ich dafür Verständnis, schließlich ergeben sich daraus zahlreiche Hürden.

Einer der Kritiker hatte sich über die schlechte Rechtschreibung beschwert. Das stimmt nicht ganz, es ist eher die Zeichensetzung und die speist sich vermutlich einfach daraus, dass die Autorin eine etwas andere Rechtschreibung gelernt hat. Zum Beispiel, dass vor den und ein Komma steht. Das wird heute nur bei bestimmten Fällen gemacht, aber ist nicht mehr die Regel. 

Henrys Mutter wird als Elizabeth von York bezeichnet. Also entweder Elisabeth von York oder Elizabeth of York - aber das Denglisch...

Der Absatz "Katharina von Aragon: Heldin oder Opfer?" entzieht sich meinen Veständnis. Zum einen finde ich eine solche Schwarz-Weiß-Ansicht, die diese Frage impliziert, sinnfrei. Aber darauf wird auch nicht wirklich eingegangen. Es werden eigentlich nur Was-wäre-wenn-Fragen gestellt (die unbeantwortet bleiben - ohne Erklärung weshalb) und die Autorin spricht ihre Bewunderung für sie aus. Alles schön und gut, aber das hat mit dem Titel nichts zu tun.



Fazit:
Für Einsteiger, denen die extrem subjektive Darstellung nicht stört und der nicht all zu viel Wert auf historische Richtigkeit legt, wird damit sicherlich glücklich. Allerdings wird dadurch die Klischee belastenden Charakterzeichnungen der Akteure befeuert und an die nächste "Generation" weitergeleitet.  
Wegen der zahlreichen, teils massiven Fehler kann ich nur von diesem Buch abraten!

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